Demokratie geht nur gerecht

Zweiter in unserer Interview-Serie ist Törk Hansen von der attac-Regionalgruppe Bochum.

Ich finde es interessant, dass Attac bei dem Bündnis mitmacht – ihr seid doch sonst nicht so sehr kommunalpolitisch unterwegs?

Törk: Wir versuchen eigentlich immer, die großen welt- und wirtschaftspolitischen Themen lokal runterzubrechen. Tatsächlich haben wir uns vor über zwei Jahren in die Diskussion über Bürgerbeteiligung eingeschaltet. Wir glauben, dass Bürgerbeteiligung ein wichtiger Hebel ist, um demokratische Verhältnisse gegen autoritäre Entwicklungen zu schützen. Und – auch wenn das auf den ersten Blick nicht so aussieht – unsere aktuelle Kampagne „Tax the Rich“ zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer hat direkt mit der Situation in den Kommunen zu tun. Die Einnahmen aus einer Vermögenssteuer fließen in die Landeshaushalte und würden also die Möglichkeit bieten, Kommunen finanziell besser auszustatten.

Das wäre natürlich wichtig angesichts der Tatsache, dass uns ja immer wieder vorgehalten wird, für unsere Anliegen sei kein Geld vorhanden. Noch mal zurück zur Bürgerbeteiligung. Ihr macht am Sonntag eine Veranstaltung unter dem Titel „Demokratie geht nur gerecht!“ – wie gehört das zusammen?

Törk: Wir hatten mit Klaus Dörre einen prominenten Referenten gefunden, der viel zu dem Thema insbesondere aus Sicht von Gewerkschaften und Arbeiter*innen geforscht hat. Er wird wegen eines Sterbefalls in der Familie nun leider selbst nicht da sein, aber wir werden das Thema dennoch diskutieren, denn wir haben einen Referenten aus dem Umfeld von Klaus Dörre gefunden, der das Thema einleiten wird. Worum geht es? Zum einen noch mal um die Tax the Rich-Kampagne: Das unglaubliche Wachstum von Vermögen bei den Superreichen ist ja nicht nur unanständig, weil gleichzeitig bei Sozialleistungen gekürzt wird und Milliarden an Steuermitteln dem Staat entzogen werden, sondern auch, weil dieser immense Reichtum immer häufiger mit politischer Macht verbunden wird durch Kauf von Medien und direkter Beeinflussung politischer Institutionen. Das meinen wir, wenn wir sagen: Demokratie geht nur gerecht!

Aber bei der Veranstaltung soll es ja auch um den Ausbau der Demokratie gehen …

Törk: Genau – Klaus Dörre konzentriert sich in seinen Studien sehr auf die Einstellungen in der Arbeiter*innenschaft under kommt zu dem Schluss, dass immer, wenn lebendige Beteiligungsformen in den Betrieben (zum Beispiel durch Betriebsräte) praktiziert werden, dann ist die Neigung, AfD oder andere rechte Parteien zu wählen erheblich geringer.

Sein Fazit: „Wenn wir der Rechten erfolgreich begegnen wollen, dann müssen wir die Demokratie auf die Wirtschaft ausweiten“.

Es ist doch völlig paradox, dass wir in einem demokratischen Gemeinwesen leben, in dem ein zentraler Faktor völlig dem demokratischen Prozessen entzogen ist, weil in den Betrieben die Eigentümer darüber bestimmen, was wie produziert wird. Diesen Widerspruch erleben die arbeitenden Menschen täglich, sobald sie den Betrieb betreten.

Welche Anliegen verfolgt ihr neben diesen – eher grundsätzlichen Konzepten – noch in der Kampagne „Bochum Gemeinsam“?

Törk: Auch da geht es uns um soziale Gerechtigkeit. So finden wir es wichtig, dass die emanzipative Bewegung in Bochum sich gegen eine Politik stellt, die kommunale Aufgaben immer mehr in private Trägerschaft auslagert. Nehmen wir nur das Beispiel „Wasserwelten“. Dabei handelt es sich zwar um eine GmbH der Stadt – was aus den ersten Blick nur wie eine Umfirmierung aussieht. Aber wichtig ist, dass hier die kommunale Aufgabe der Versorgung mit Schwimm- und Freibädern der direkten politischen Kontrolle und Einflussmöglichkeit entzogen wird. Die Konsequenzen haben wir bei der Schließung des Freibades in Langendreer – die gegen den breiten Protest der Bevölkerung durchgezogen wurde – erlebt ebenso wie in Höntrop bei der dortigen Schließung des Bades.